Abschied
Warum ist eine Zeremonie so wichtig?
Sicher haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt, dass ein wichtiger Moment wenig Beachtung erfahren hat. Man ist einfach „zur Tagesordnung übergegangen“. Wer so etwas erlebt, dem fehlt der Platz für ein wichtiges menschliches Bedürfnis, dem Bedürfnis nach Ritual.
Eine Bestattung ist ein wichtiges Ritual. Nicht umsonst hat sie einen festen Platz in der religiösen Praxis. Doch auch Menschen, die nicht religiös sind, bedürfen gewisser Rituale, die dazu dienen, Geschehenes zu ordnen.
In der Antike galt es als Strafe, nicht bestattet zu werden und bis heute sagt die Bestattung auch etwas über die sozialen Beziehungen aus, die der/die Verstorbene zu anderen Menschen unterhielt.
Gerne wird das Argument angeführt, der/die Verstorbene „habe nichts mehr davon“. Darüber kann keine beweisbare Aussage getroffen werden, für die Angehörigen und Freunde kann eine fehlende Zeremonie jedoch die Unterschlagung eines für sie wichtigen Moments bedeuten.
Die Bestattungszeremonie ist ein kulturell gewachsenes Ritual, welches auf das Bedürfnis antwortet, einen Moment innehalten zu dürfen, weil ein Mensch, den wir gekannt haben, jetzt nicht mehr an seinem üblichen Platz sein wird. Wir haben insgesamt sehr wenig Zeit, Dinge zu ordnen und lange zu bedenken. Den Verlust eines Menschen zu übergehen, stellt nicht nur unser Beziehungsverhalten in Frage, sondern unser Verhältnis zum Leben überhaupt.
Eine Bestattung kostet Nerven, Tränen und Geld, aber sie hinterlässt eine Spur, die für Angehörige und Freunde nachhaltige Bedeutung hat. Vielleicht nicht sofort, spätestens aber dann, wenn der Verlust plötzlich und unvermittelt spürbar ist. Dann ist es gut, sich daran zu erinnern, dass man sich bewusst verabschiedet hat. Dann ist der Abschied ein Geschenk an die, die bleiben.